Donnerstag, 1. Juni 2023

BR124: Premiere des Cabriolet vor 30 Jahren

Die Mercedes-Benz Cabriolets der Baureihe 124 sind begehrte junge Klassiker. Sie verbinden die Begeisterung am eleganten, offenen Fahren aufs Beste mit dem hohen technischen Niveau der oberen Mittelklasse der Stuttgarter Marke. Premiere haben sie vor 30 Jahren auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt am Main vom 12. bis 22. September 1991 â€“ sieben Jahre nach der Präsentation der Limousinen der Baureihe 124.

Mercedes-Benz knĂĽpft mit diesem offenen Viersitzer (A124) nach einer Pause von genau 20 Jahren erfolgreich an eine sportlich-luxuriöse Tradition an. Denn bis 1971 werden die legendären W 111/W 112 Cabriolets gebaut. Auf die Cabriolets der Baureihe 124, ab 1993 im Zuge der Nomenklaturänderung Mercedes-Benz E-Klasse Cabriolet genannt, folgen als offene Viersitzer mit Stoffverdeck die CLK-Cabriolets A208 (1998 bis 2003) und A209 (2003 bis 2010) sowie die E-Klasse Cabriolets A207 (2010 bis 2017) und A 238 (seit 2017). Zudem haben im Jahr 2015 in der Mercedes-Benz S-Klasse (A217) und im Jahr 2016 in der Mercedes-Benz C-Klasse (A205) jeweils viersitzige Cabriolets Premiere.

Leuchtturmprojekt fĂĽr die obere Mittelklasse

Das Cabriolet der späteren E-Klasse basiert auf dem CoupĂ© der Baureihe 124. Nach der im Herbst 1990 vorgestellten Hochleistungslimousine 500 E ist der offene Viersitzer ein weiteres Leuchtturmprojekt fĂĽr die Baureihe 124. Der Aufwand ist enorm: Rund 1.000 Teile verändern oder konstruieren die Ingenieure völlig neu, um die hohen Anforderungen an passive Sicherheit und Fahrkomfort trotz der wegfallenden Dachstruktur zu erfĂĽllen.

So fertigt Mercedes-Benz zahlreiche tragende Teile des Cabriolets aus dickeren oder festeren Blechen als bei den CoupĂ©s. Hochbelastete Stellen erhalten zudem nach aufwendigen computergestĂĽtzten Simulationsberechnungen zusätzliche Verstärkungen in Form doppelter Bleche, Knotenbleche oder Streben. Unter anderem werden die Blechdicken an A- und B-Säulen sowie den seitlichen Längsträgern verstärkt, der Verdeckkasten ist als quer versteifendes Element ausgefĂĽhrt, und ein Druckgussträger ist mit dem Tunnel der Bodengruppe sowie dem Querträger der Armaturentafel verschraubt. Diagonalstreben vorn (zwischen Vorderachsträger und den beiden äuĂźeren Längsträgern) sowie hinten (zwischen der Reserveradmulde und den äuĂźeren Längsträgern) steigern die Verwindungssteifigkeit. Hier setzen die Ingenieure Erfahrungen aus der Entwicklung des Mercedes-Benz SL der Baureihe R 129 um.

Mercedes-Benz 300 CE-24 Cabriolet der Baureihe 124. Studiofoto mit zusätzlich verbauten Karosserieverstärkungsteilen.
Mercedes-Benz 300 CE-24 Cabriolet der Baureihe 124. Studiofoto mit zusätzlich verbauten Karosserieverstärkungsteilen.

Zusätzlich kommen Schwingungstilger zum Einsatz, um den Fahrkomfort zu optimieren. Solche Elemente haben die Entwickler bereits beim 1965 vorgestellten Mercedes-Benz 600 Landaulet der Baureihe W 100 verwendet. Insgesamt vier dieser Masse-Feder-Systeme mit zusammen 26 Kilogramm Gewicht werden an neuralgischen Punkten des Cabriolets eingebaut: auf dem Dom des vorderen linken Federbeins, im Dachrahmen und in den hinteren Kofferraummulden.

Ein Vergleichstest der Fachzeitschrift „auto motor und sport“, Heft 19/1994, kommt denn auch zu dem Ergebnis: „Steifer als der Mercedes ist derzeit kein anderes Viersitzer-Cabrio.“ Das US-amerikanische Magazin „Road & Track“ wĂĽrdigt in Ausgabe 7/1994 in einem Vergleich die Qualitäten des E 320 Cabriolet: „Ein guter Teil des Preisunterschieds ist in der Fahrzeugkonstruktion begrĂĽndet. Es ist mit geöffnetem Verdeck merklich leiser als die beiden anderen. Unregelmäßigkeiten im StraĂźenbelag werden von der Federung registriert und dem Fahrer auf subtile Weise mitgeteilt, ohne die Gelassenheit zu verlieren. Auf der Autobahn ist der E 320 fast so leise wie seine Geschwister als CoupĂ© und Limousine, dank der auĂźergewöhnlich soliden Karosseriestruktur und der exzellenten Passgenauigkeit des Verdecks.“

 

Linearer ĂśberrollbĂĽgel

Vorbildlich ist auch das Niveau der passiven Sicherheit: Bei Frontal-, Heck- und Seitenaufprall erfĂĽllen die Cabriolets die hohen Standards von Limousine, T-Modell und CoupĂ©. Um den Passagieren auch bei einem Ăśberschlag adäquate Sicherheit zu bieten, sind die A-Säulen mit innen liegenden Profilblechen zu einer stabilen Einheit verschweiĂźt. Und hinter den RĂĽcksitzen wird ein neu entwickelter und patentierter, linear arbeitender ĂśberrollbĂĽgel eingebaut, dessen Oberseite die Form von zwei einzelnen KopfstĂĽtzen hat. Der BĂĽgel fährt innerhalb von 0,3 Sekunden auf einer leicht gekrĂĽmmten Laufbahn nach oben aus, wenn die Fahrzeugsensoren einen drohenden Ăśberschlag erkennen. Auf Wunsch kann er als KopfstĂĽtze fĂĽr die Fondpassagiere auch manuell aus- und eingefahren werden.

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Mercedes-Benz 300 CE-24 Cabriolet der Baureihe 124. Linear arbeitender ĂśberrollbĂĽgel, dessen Oberteil zugleich als KopfstĂĽtzen fĂĽr den Fond ausgelegt ist.

Höchste AnsprĂĽche an den Fahrkomfort erfĂĽllt auch das vollversenkbare Stoffverdeck. Die 43 Kilogramm schwere, hochpräzise Konstruktion besteht aus 27 Gestängeteilen und 34 Gelenken. In zusammengeklapptem Zustand hat sie ein Volumen von nur 80 Litern. Das Verdeck ist durch eine 20 Millimeter dicke Schicht aus Faservlies zwischen dem äuĂźeren Bezug und dem inneren Verdeckhimmel isoliert. Zudem ist die AuĂźenhaut fest mit den vorderen und mittleren Spriegeln verbunden, um das bei Cabrios sonst oft auftretende Aufblähen des Verdecks zu vermeiden. So herrscht bei geschlossenem Dach im Cabriolet der Baureihe 124 ein FahrgefĂĽhl fast wie im CoupĂ©. Die groĂźe und heizbare Heckscheibe aus Sicherheitsglas ist durch einen Doppelrahmen bĂĽndig mit der AuĂźenhaut verbunden und bietet verzerrungsfreie Sicht nach hinten.

Als komfortable Sonderausstattung gibt es eine elektrohydraulische Verdeckbetätigung, die ab der Modellpflege 1993 zur Serienausstattung gehört.

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Mercedes-Benz 300 CE-24 Cabriolet der Baureihe 124. Studiofoto der Verdeckkonstruktion inklusive der Elektrohydraulikelemente für die Betätigung.

 

Konstruktive Partnerschaft mit Porsche

Entwickelt wird das Cabriolet von Mercedes-Benz gemeinsam mit Porsche. Zunächst beginnt die Arbeit am offenen Viersitzer 1988 bei Karmann in OsnabrĂĽck. Im Januar 1989 ĂĽbernimmt dann Porsche den Entwicklungsauftrag, wo man bis zu diesem Zeitpunkt an einem möglichen Cabriolet fĂĽr die kommende C-Klasse der Baureihe 202 gearbeitet hat.

Zuvor hatte Porsche bereits den Entwicklungsauftrag zu einem möglichen Cabriolet der Mercedes-Benz Kompaktklasse der Baureihe 201 erhalten. Auch bei der Kreation und Produktion des Hochleistungsautomobils Mercedes-Benz 500 E haben die beiden Stuttgarter Automobilunternehmen schon kooperiert. Die Arbeiten am A 124 werden von Porsche am Standort Weissach ausgefĂĽhrt. Das Cabriolet wird bei Mercedes-Benz und Porsche in unterschiedlichen Dauerläufen auf Zuverlässigkeit und Beständigkeit getestet.

124 Cabriolet A124

 

Vom Solitär zur Typfamilie

1991 hat das 300 CE-24 Cabriolet mit 3-Liter-Reihensechszylindermotor und 162 kW (220 PS) Leistung Premiere. Seine Serienfertigung im Mercedes-Benz Werk Sindelfingen läuft im März 1992 an. Es bleibt zunächst ein elegant-sportlicher Solitär im Modellprogramm der Marke.

Bereits zum Modelljahr 1993 erfährt der offene Viersitzer eine Modellpflege, die sich äuĂźerlich unter anderem in dem nach dem Vorbild der S-Klasse der Baureihe 140 gestalteten „PlakettenkĂĽhler“, vorderen Blinkleuchten mit farblosen Deckgläsern und den in der Farbe der Anbauteile lackierten StoĂźfängerschutzleisten bemerkbar macht. Fahrerairbag sowie elektrisch verstellbare AuĂźenspiegel links und rechts sind nun serienmäßig, Zentralverriegelung und FĂĽnfganggetriebe gehören bereits vorher zur Serienausstattung des offenen Viersitzers, der kĂĽnftig als Mercedes-Benz E-Klasse Cabriolet firmiert.

Das Modellprogramm umfasst nun insgesamt vier Varianten mit jeweils zwei Vier- und Sechszylindermotoren. Das E 200 Cabriolet (100 kW/136 PS) wird zunächst und bis 1994 nur fĂĽr den Export nach Griechenland, Italien und Portugal gebaut. Eigentliches Einstiegsmodell ist damit 1993 das E 220 Cabriolet (110 kW/150 PS). Nachfolger des 300 CE-24 Cabriolet wird das E 320 Cabriolet (162 kW/220 PS), und neues Topmodell ist das E 36 AMG Cabriolet (200 kW/272 PS). Insgesamt entstehen bis Juli 1997 genau 33.952 Cabriolets der Baureihe 124. Die meisten Kunden (18.572) entscheiden sich dabei fĂĽr einen Typ mit Sechszylindermotor.

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Auch auf dem Schreibtisch schön: Der A124 als Modellauto

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Quelle: Daimler AG / Amazon

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